Im Dezember 2021 wurde Univ.-Prof. Dr. Dr. Ing. Gerhard Stark Vorstandsvorsitzender der Steirischen Krankenanstaltengesellschaft KAGes. Der Facharzt für Innere Medizin, Angiologie und Intensivmedizin, der auch als Notarzt tätig war, war zuvor Primar am LKH Deutschlandsberg, danach Ärztlicher Direktor des Krankenhauses der Elisabethinen und des Marienkrankenhauses Vorau sowie Ärztlicher Direktor der Ordensprovinz der Barmherzigen Brüder Österreich.
Seit 1986 Arzt, ist Dr. Gerhard Stark nach wie vor Mediziner mit Leib und Seele. Seine Praxis in Mooskirchen betreibt er weiterhin. „Ein bis zwei Mal in der Woche bin ich dort als Internist aktiv. Bevor ich das aufgebe, würde ich eher meine Funktion in der KAGes niederlegen“, spricht er ganz ehrlich aus.
Das Gesundheitssystem, weiß der KAGes-Chef, steht vor großen Herausforderungen. „Die Steiermark ist auch in diesem Bereich nicht entkoppelt von der übrigen Welt.“ Der demografische Wandel, eine immer älter werdende Gesellschaft, sei natürlich prägend dafür, wie sich das Gesundheitssystem in der nächsten Zeit entwickeln werde. „Wir werden weiterhin eine ausgezeichnete medizinische Versorgung haben, aber nur dann, wenn wir gemeinschaftlich das Bundesland als Gesamtheit sehen. Lokale Egoismen müssen wir hintanstellen.“
Die angespannte Personalsituation im Ärzte- und Pflegebereich werde andauern, ist Gerhard Stark überzeugt. „Das wird sich auch in den nächsten Jahren nicht ändern. Man muss sogar damit rechnen, dass sich die Lage noch weiter verschärfen wird.“
Insgesamt habe man es insbesondere bei der jüngeren Generation mit anderen Bedürfnissen zu tun. „Der Blick auf die Welt hat sich generationsabhängig verändert. Wir haben nicht nur ein numerisches Problem bei der Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch bei der Einstellung zu Beruf und Freizeit. Wir haben einerseits eine Gesellschaft, die immer älter wird und damit verbunden steigt die Zahl an Pensionierungen. Auf der anderen Seite verjüngt sich die Arbeitswelt beinahe schlagartig. Die Unterschiede im Denken in unserer Arbeitswelt kommen deshalb immer stärker zum Tragen.“
Geld allein werde die Situation im Gesundheitssystem sicher nicht lösen. „Sicher spielt die Bezahlung bei den Mitarbeitern eine gewisse Rolle. Aber viel wesentlicher ist, wie schaffen wir es, den Beschäftigten im Gesundheitssystem Sinn und gemeinsame Werte zu vermitteln. Vielleicht sollten wir das Heldentum und auf der anderen Seite das Opferbild in Medizin und Pflege einmal zur Seite legen und unsere Arbeit als unaufgeregten Dienst am Menschen sehen.“
Das erklärte Ziel des KAGes-Chefs ist es, die Gesundheitsversorgung in der Steiermark auch unter den angespannten Bedingungen stabil zu halten. Im OECD-Vergleich verfüge Österreich über eine sehr hohe Ärztedichte. Umgekehrt gebe es aber eine hohe Patientendichte pro Pflegekraft, obwohl man international gesehen bei der Zahl der Pflegekräfte gar nicht schlecht aufgestellt sei. „Unterm Strich müssen wir uns die Frage stellen, ob wir zu viel Vorhalteleistung – also die bereit gestellten Kapazitäten für Notfälle, die in Österreich extrem hoch ist – im Vergleich zur Regelleistung haben. Ich denke, wir haben da ein Balanceproblem.“
Zudem ortet Stark ein Verteilungsproblem. Es gebe zahlreiche Aufgaben im ärztlichen Bereich, die in anderen Ländern an andere Berufsgruppen abgegeben werden. Dazu gehören seiner Ansicht nach nicht nur die Pflegeberufe, sondern auch Sozialarbeiter, Sozialpädagogen ebenso wie Psychologen und Pharmazeuten.
In der Pflege sei man entscheidend auf Personal aus dem Ausland angewiesen. „Das allein wird aber auch nicht reichen, um den Pflegebedarf, der in Zukunft in der Bevölkerung weiter auftreten wird, aufzufangen. Wir müssen überlegen, wie wir mehr Berufsgruppen in den Pflegebereich hereinholen.“
Wichtig ist für den KAGes-Vorstandvorsitzenden, dass der Patient niemals als lästig empfunden wird. „Egal mit welchem Problem er kommt, das darf nie sein. Wahrnehmung ist Realität, das muss besonders bei kranken Menschen respektiert werden.“ Die Frage sei, ob man mit den vorhandenen Strukturen die Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllen könne. „Es ist die Frage, ob es richtig ist, dass außerhalb der Regelarbeitszeiten kein Hausarzt mehr erreichbar ist. Oder ob eine Telefonnummer mit Telefonberatung die richtige Antwort darstellt. Der Hausarzt, der abends kommt, hat vielleicht keine große abrechenbare medizinische Leistung erbracht, aber allein seine Anwesenheit vor Ort im heimischen Umfeld war eine Erleichterung für Patienten und Angehörige. So wie es jetzt gehandhabt wird, entstehen Spannungen und Unzufriedenheit.“
Generell sei die Bevölkerung aber mit dem Gesundheitswesen noch zufrieden. „Darüber dürfen wir jedoch nicht vergessen, dass wir permanent am System arbeiten müssen. Der Gesundheitsbereich kann nicht Interpretationsobjekt für verschiedene Interessensgruppen sein.“ Die KAGes sei jedenfalls bemüht, eine bestmögliche Versorgung zu bieten. „Wir machen Fehler, wir treffen auch Fehlentscheidungen, klar, aber dem steht ein beinahe unendliches, ehrliches Bemühen um die bestmögliche Versorgung der Bevölkerung gegenüber!“
Patienten, die am Gang untergebracht werden müssen, gebe es jedenfalls nicht, versichert Stark. „Obwohl wir Betten sperren mussten, sind die übriggebliebenen Plätze zwischen 75 und 80 Prozent ausgelastet. Wir haben leider Bereiche, in denen es immer wieder Engpässe gibt. Das liegt aber nicht an der Zahl der Betten, sondern an fehlenden Spezialisten. Da ist mehr Flexibilität gefordert. Wir brauchen unsere Spezialisten auch einmal an anderen Standorten.“
Die KAGes ist der größte Arbeitgeber in der Steiermark – mittlerweile sind es rund 19.000 Beschäftigte. „Dabei sind höchste Expertise, Konzentration und Leistungsbereitschaft wichtig – schließlich hängen Menschenleben davon ab“, schildert Stark. „Menschen helfen Menschen bringt unser Leitbild gut auf den Punkt. Wertschätzung, Toleranz und Vertrauen sind Eckpfeiler unserer täglichen Arbeit.“ Um das Arbeiten für die KAGes besonders attraktiv zu machen, bietet sie ihren Mitarbeitern diverse Sozialleistungen, eine individuelle Karriereplanung, flexible Arbeitszeitmodelle, Kinderbetreuungseinrichtungen vor Ort sowie zahlreiche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. „Wir suchen laufend Menschen, die bei uns im Gesund- heitswesen tätig sein wollen“, so der KAGes-Chef Prof. Stark.
Gerhard Stark ist verheiratet und hat drei Kinder. Viel Zeit für die Familie bleibt ihm angesichts seines Berufs leider nicht. „Wenn ich in meinem Leben irgendetwas beklagen kann, dann das, dass ich zu wenig Zeit mit meiner Familie verbringen konnte“, reflektiert der KAGes-Chef.
Auch für die Hobbys ist das Zeitbudget eng. „Die Malerei ist ein Ausgleich für mich.“ Auch Radfahren und Bergwandern stehen regelmäßig auf seinem Programm. „Höhe muss bei mir beim Wandern dabei sein. Am Hochkönig bin ich zuletzt allerdings gescheitert. Was ich mit 18 Jahren ruck-zuck geschafft habe, geht mit mehr als 60 Jahren dann halt eben nicht mehr so locker“, seufzt Stark.
Bei seinen Wünschen ist Stark bescheiden. „Ich habe eher Wünsche für andere. In erster Linie für meine Frau und meine Familie. Ganz besonders wünsche ich mir Lebenszufriedenheit und noch etwas Zeit, insbesondere für einen Menschen, der mein Leben entscheidend geprägt hat und der mir immer ein väterlicher Freund war, damit wir unsere Freundschaft noch ein Stück weiter pflegen können.“
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