Seit über drei Jahren ist Prof. Dr. Christian Kammerlander das Gesicht der unfallchirurgischen Versorgung in der Steiermark. Mit 46 Jahren führt er als Ärztlicher Direktor des AUVA-Unfallkrankenhaus Steiermark die beiden Standorte in Graz und Kalwang, wobei er sowohl medizinisch als auch organisatorisch die Letztverantwortung trägt. Zuvor prägten zahlreiche Stationen – von einem Bezirkskrankenhaus in Reutte über die Universitätskliniken Innsbruck, München bis hin zu einem Hilfseinsatz in Tansania – seinen Werdegang. Für ihn ein großer Vorteil: „Es ist gut, wenn man im Laufe der Karriere viele Perspektiven und Settings kennengelernt hat.“
Sein Alltag teilt sich zwischen Organisation und praktischer Arbeit. Mit zwei festen OP-Tagen in der Woche bleibt er seiner Leidenschaft treu: „Man wird Arzt, um am Patienten zu arbeiten, und dieser Kontakt gibt mir nach wie vor sehr viel.“ Als Spezialist für Becken- und Wirbelsäulenchirurgie widmet er sich vor allem akuten Verletzungen. Dank modernster Technik, wie dem interoperativen CT „Loop X“, das in Österreich einzigartig ist, kann er Schrauben millimetergenau platzieren. Auch in der Knieprothetik setzt er Maßstäbe. Mit roboterarm-assistierten Verfahren gelingt es, die individuellen Bandspannungen des Gelenks optimal zu berücksichtigen und so die Belastung für Patienten zu minimieren. „Technologie unterstützt uns, ersetzt aber nie die ärztliche Expertise.“
Die beiden Häuser, Graz und Kalwang, könnten unterschiedlicher nicht sein: Während in Kalwang geplante Eingriffe wie Endoprothesen und Arthroskopien dominieren, steht in Graz die Akutversorgung im Fokus. Gemeinsam ist ihnen jedoch die enge Vernetzung, die Kammerlander maßgeblich vorangetrieben hat. Ärzte und Pflegekräfte rotieren zwischen den Standorten, um ihre Expertise zu erweitern und die bestmögliche Ausbildung zu gewährleisten. So können Assistenzärzte in Kalwang die Endoprothetik erlernen, während sie in Graz in der Akuttraumatologie wertvolle Erfahrungen sammeln.
Mit jährlich rund 50.000 ambulanten Behandlungen in Graz und 15.000 in Kalwang sowie insgesamt über 8.000 Operationen steht sein Team täglich vor Herausforderungen. Besonders im Bereich der Notfallambulanz hat Kammerlander neue Maßstäbe gesetzt. Die Einführung der Erstversorgungsambulanz EVA soll den Zustrom steuern und die Versorgung verbessern. „Leider kommt es oft vor, dass unser Wartezimmer mit Patienten gefüllt ist, von denen viele genauso gut beim Hausarzt behandelt werden könnten. Das führt dazu, dass wirklich schwer Verletzte länger warten müssen.“ Die EVA schafft in Zukunft Abhilfe, indem Patienten mit weniger dringenden Verletzungen gezielt weitergeleitet werden, während sich das Team auf die stationär behandlungsbedürftigen Fälle konzentrieren kann.
Die Erstversorgungsambulanz (EVA), die kürzlich ihren Betrieb aufgenommen hat, stellt eine bahnbrechende Innovation in der steirischen Gesundheitsversorgung dar. Ziel der EVA ist es, die Spitalsambulanzen zu entlasten und gleichzeitig Patienten eine rasche und effiziente medizinische Erstversorgung zu ermöglichen. Als vorgelagerte Einheit der Krankenhäuser filtert sie Patienten, die keine spitalsärztliche Behandlung benötigen, und bietet eine umfassende allgemeinmedizinische Akutversorgung sowie bei Bedarf radiologische Diagnostik.
Durch diese Struktur werden Ressourcen in den Spitälern frei, wodurch sich die Wartezeiten erheblich verkürzen und die Betreuung für schwerer verletzte Patienten verbessert. Die Öffnungszeiten sind dabei patientenfreundlich gestaltet. Montag bis Freitag von 8:00 bis 20:00 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen von 9:00 bis 17:00 Uhr, was eine Lücke in der medizinischen Versorgung außerhalb der üblichen Ordinationszeiten schließt.
Mit der Einführung der EVA wird nicht nur die Effizienz der Notfallversorgung gesteigert, sondern auch die Patientenzufriedenheit erhöht. Die medizinischen Fachkräfte in den Krankenhäusern können sich dadurch gezielter auf Fälle konzentrieren, die eine spezialisierte stationäre Behandlung erfordern. Dieses Modellprojekt zeigt eindrucksvoll, wie durch innovative Ansätze die Gesundheitsversorgung auf ein neues Niveau gehoben werden kann.
In der Akutversorgung zeigt sich auch das hohe Niveau an Spezialisierungen im UKH. Teams mit spezifischem Know-how, etwa für komplexe Beckenverletzungen, sorgen dafür, dass Patienten stets optimal versorgt werden. Auch im Schockraum, wo jede Minute zählt, ist die Zusammenarbeit minutiös abgestimmt: Vom Notruf bis zur Operation greifen Anästhesisten, Chirurgen, Pflegekräfte und Radiologen ineinander wie Zahnräder.
Doch Kammerlander denkt nicht nur an die Gegenwart, sondern auch an die Zukunft der Unfallchirurgie. Mit der alternden Bevölkerung steigen osteoporotische Frakturen. Sein Ziel ist es, die Mobilität der Patienten schnell wiederherzustellen, denn: „Je länger ein Patient liegt, desto schwerwiegender sind die Folgen.“ Minimalinvasive Eingriffe und schnelle Mobilisierung sind dabei der Schlüssel. Auch bei Arbeitsunfällen, die glücklicherweise dank besserer Prävention abnehmen, bleibt das UKH eine unverzichtbare Anlaufstelle. Etwa 15 Prozent der stationären Fälle sind auf Arbeitsunfälle zurückzuführen.
Seine Vision reicht jedoch weiter: Er wünscht sich ein Trauma-Netzwerk für die Steiermark mit abgestufter Versorgung. „Krankenhäuser sollten entsprechend ihrer Ausstattung und Spezialisierung optimal vernetzt sein. So könnten Patienten noch schneller und gezielter behandelt werden.“ Gleichzeitig sieht er die strukturellen Herausforderungen, insbesondere bei der Finanzierung von nicht-arbeitsbedingten Unfällen. „Hier muss es langfristig Lösungen geben, um die Qualität aufrechtzuerhalten.“
Neben all diesen Herausforderungen schafft es Kammerlander, seine Familie nicht aus den Augen zu verlieren. Seine Frau Ursula, selbst Anästhesistin, und die drei Kinder sieht er nicht so häufig „Facetime hilft, aber die Zeit, die wir gemeinsam verbringen, nutzen wir intensiv.“ Skifahren, Bergtouren – die Natur bleibt sein Ausgleich zur anspruchsvollen Arbeit.
Was ihn antreibt, ist das positive Feedback der Patienten: „In der Unfallchirurgie sieht man oft rasche Fortschritte. Menschen kommen mit schweren Verletzungen zu uns und verlassen das Krankenhaus geheilt. Das gibt einem Energie, weiterzumachen“, so Prof. Dr. Christian Kammerlander“.
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