Ich arbeite gerne mit Menschen


Brigadier Heinz Zöllner ist als Militärkommandant der Steiermark der längstdienende Kommandant der Einsatzorganisationen im Bundesland. Er ist territorial verantwortlich für elf Kasernen und rund 3.200 Berufssoldatinnen und Soldaten sowie Zivilbedienstete des Heeres. Dazu kommen jedes Jahr rund 3.000 Rekruten, die in der Steiermark ausgebildet werden.

Herr Brigadier, erzählen Sie uns etwas über Ihre persönliche Karriere und Ihren Werdegang, insbesondere in Bezug auf Ihre Rolle als Chef des Bundesheeres in der Steiermark.

Ich bin 1985 zur Einjährigen-Freiwilligen-Ausbildung eingerückt und wollte eigentlich nur Milizoffizier werden. Dann habe ich gesehen, dass mir der Umgang mit den Menschen gut gefällt und mich daher für zwei weitere Jahre als Unteroffizier verpflichtet und danach die Militärakademie in Wiener Neustadt absolviert. Es folgten drei Jahre als Offizier in der Steiermark in Gratkorn und zwei in Baden bei Wien. Anschließend habe ich mich dem Auswahlverfahren für den Generalstabslehrgang gestellt und habe es geschafft – was nur acht Prozent der Kandidaten gelingt. Der Lehrgang hat von 1997 bis 2000 gedauert, danach bin ich in die Steiermark ins Militärkommando zurückgekehrt.

2007 wurde ich zum Militärkommandant für die Steiermark ernannt. Diese Arbeit ist genau auf mich zugeschnitten. Einerseits, weil ich es liebe, mit Menschen zu arbeiten, andererseits, weil ich mich gerne in der Öffentlichkeit bewege. Außerdem übernehme ich auch gerne Verantwortung, weil mir Österreich und seine Bürger, die wir ja schützen, am Herzen liegen.

 

Die Airpower in Zeltweg ist immer ein aufregendes Ereignis, das viele Menschen in der Steiermark und darüber hinaus begeistert. Können Sie uns einen Einblick geben, was die Besucher in diesem Jahr erwarten können und welche Besonderheiten die Airpower24 haben wird?

Die Airpower24 ist nicht nur die größte Veranstaltung des Bundesheeres, sondern auch der Region. Wir erwarten heuer wieder bis zu 150.000 Besucher an jedem der beiden Tage. Dieses Jahr findet sie am 6. und 7. September statt. Es wird wieder eine Airshow der Superlative. Das genaue Programm steht noch nicht im Detail fest, aber sicher ist, das alles zu sehen sein wird, was das Bundesheer zu bieten hat. Dazu kommen internationale Kunstflugstaffeln und auch historische Flugzeuge in Aktion.

Wir als Bundesheer sind zuständig für das Verkehrs- und Parkkonzept und die Sicherheit. Jeder Besucher wird an einer der 255 Kontrollstellen kontrolliert. Wir haben auch schon die unmöglichsten Gegenstände gefunden – von Messern über Schlagstöcke bis hin zu Faustfeuerwaffen. So etwas wird den Besuchern natürlich abgenommen. Also besser auf solche Utensilien zu verzichten, es lohnt sich nicht.

Die Airpower soll ja ein Familienevent sein und das ist sie auch. Die Miliz hat sich bestens bewährt, um das sicherzustellen. Heuer sind insgesamt 4.500 aktive Bundesheer-Angehörige und Milizsoldaten in Zeltweg im Einsatz. Die Milizionäre kommen diesmal aus Wien.

 

Bleiben wir bei der fliegenden Truppe. Seit dem Vorjahr werden die ersten der insgesamt 36 neuen Hubschrauber vom Typ AugustaWestland 169, die in Aigen im Ennstal stationiert sind, ausgeliefert. 2028 wird die Lieferung komplett sein. Wie wird sich diese neue Maschine auf die operativen Fähigkeiten des Bundesheeres auswirken und welche Vorteile bringt sie mit sich?

Der AW169 ist der modernste Helikopter, den es überhaupt gibt. Er ist modular einsetzbar. Das heißt, er ist für verschiedene Rollen – als Mannschaftstransporter, Lenkwaffenträger, ausgestattet mit Bordkanonen oder in einer Sanitätsversion – einsetzbar. Der Hubschrauber wird das Bundesheer in allen Bereichen unterstützen. Für die Steiermark ist der AW169 eine massive Aufwertung des Standortes Aigen, das ja als Fliegerstandort immer wieder wegen einer möglichen Schließung im Gespräch war. Das ist mit der Stationierung der neuen Helikopter endgültig vom Tisch. Es wird neue Gebäude und es wird viele zusätzliche Bedienstete geben. Außerdem zieht der neue Hubschrauber die Leute an, egal ob Piloten oder Bodencrew, weil er eben über modernste Technik verfügt. Derzeit werden unsere Trainer ausgebildet, die später dann die neuen Piloten ausbilden können – was knappe drei Jahre dauert.

Mit dem Aufbauplan 2032+ führt das Bundesheer nicht nur die Beschaffung neuer Hubschrauber durch, sondern erneuert und erweitert auch seine Infrastruktur. Könnten Sie uns einen Einblick geben, welche neuen Infrastrukturprojekte in der Steiermark geplant sind?

Investitionen wird es in allen steirischen Kasernen geben. Grundsätzlich wird die Autarkie der Standorte wieder hergestellt. Das, was wir in der Zeit des Kalten Krieges schon hatten: mit Notstromaggregaten und anderen Geräten. Jetzt werden wir wieder unabhängig bei der Energie, beim Wasser und Abwasser.

Auf der anderen Seite werden die Unterkünfte unserer Soldatinnen und Soldaten auf einen modernen Stand gebracht. Teilweise sind wir da schon so weit. Es wird maximal vier Soldaten pro Zimmer geben statt wie bisher zwölf Betten, Stockbetten werden abgeschafft.

Welche Rolle spielt die Modernisierung der Ausrüstung und Technologie der Streitkräfte, um die Verteidigung zu stärken?

Wir rüsten nicht auf, wir beheben endlich die Versäumnisse der letzten Jahre und Jahrzehnte. Es gibt heute eine ganz andere Ausrüstung und Waffen als vor 30 Jahren. Oft reicht eine Umrüstung auf eine modernere Version – wie beim StG 77, dem Sturmgewehr des Bundesheeres. Die 77 steht für das Jahr, in dem die Waffe entwickelt wurde, also 1977. Seitdem wurde es drei Mal modifiziert und es ist in dieser neuen Form immer noch eines der modernsten Sturmgewehre der Welt.

Die neue Ausrüstung erfordert entsprechend qualifiziertes Personal. Welche Maßnahmen ergreift das Bundesheer, um sicherzustellen, dass genügend Soldaten für die Wartung und Bedienung des neuen Equipments zur Verfügung stehen?

Wir fahren derzeit eine riesige Personaloffensive und versuchen, neue Zielgruppen anzusprechen. Wir gehen auch „auf die Straße“, um zu rekrutieren. Da gibt es zum Beispiel den Girls Day, mit dem wir um junge Frauen werben. Da können sie sogar in der Kaserne übernachten, um einmal bei uns reinzuschnuppern und zu sehen, wie es ist Soldatin oder Soldat zu sein. Auf einer Messe kann ich ja viel versprechen, ein echtes Bild können sich die jungen Leute nur vor Ort machen.                                                                     

Wichtig ist auch die Stellung. Das ist ja der erste Kontakt der jungen Leute mit dem Bundesheer. Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck. Deshalb müssen wir dort gut aufgestellt sein mit guter Information und sympathischen Mitarbeitern.

Was wir noch tun, ist den Anteil der sogenannten Funktionssoldaten, die nur für den Betrieb zuständig sind, zu minimieren. Wenn jemand acht Stunden am Tag nur als Schreiber eingesetzt wird, ist das im Kontext Soldat nicht sinnerfüllend. Darum sollen die Grundwehrdiener möglichst alles erleben, was wir zu bieten haben.

Ins Bundesheer eintreten darf man mit 18 Jahren – mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten sogar ein Jahr früher. Die obere Altersgrenze liegt bei 35 Jahren, aber das ist schon fast zu spät.

 

Das Bundesheer ist ein bedeutender Arbeitgeber in der Steiermark. Welche beruflichen Möglichkeiten und Entwicklungschancen gibt es beim Militär?

In erster Linie kann man natürlich Soldat werden. In der Steiermark kann man an allen Waffengattungen ausgebildet werden – vom Infanteristen bis zum Eurofighter-Piloten. Es gibt aber auch viele Zivilbedienstete, und da haben wir vom Lehrling bis zum Akademiker alles bei uns. Man kann beim Bundesheer auch Lehrberufe erlernen, vom Mechatroniker bis hin zu Koch und Kellner. Hier gibt es für jeden Chancen, sich weiter zu bilden. Und was besonders wichtig ist: Es gibt bei der Bezahlung keinen Unterschied zwischen Frauen und Männern. Es erhalten alle dieselbe Bezahlung und es gelten für alle dieselben Spielregeln. Sie können natürlich alle Funktionen erreichen.

Die Ausbildung von heute ist nicht mehr mit der von früher vergleichbar. Es ist unvorstellbar, die Soldaten so auszubilden wie vor 30 Jahren.

 

Wie sieht die Rolle des Bundesheeres aus, wenn es um die Unterstützung der Gemeinden und Behörden in Notfällen oder Katastrophensituationen geht? Können Sie uns einige Beispiele für erfolgreiche Zusammenarbeit nennen?

Eine der wesentlichen Aufgaben des Militärkommandos ist die Führung bei Assistenzeinsätzen. Da gibt es zwei Gruppen – den Sicherheitspolizeilichen-Assistenzeinsatz, den wir für das Innenministerium machen und den Einsatz zur Katastrophenhilfe. Für den Sicherheitsbereich sind wir seit 2015 mit unseren Soldatinnen und Soldaten an der Grenze zu Slowenien, sie überwachen dort 145 Kilometer Staatsgrenze und 32 offizielle Grenzübertrittsstellen gemeinsam mit der Polizei. Maximal waren dort 960 Militärangehörige im Einsatz. Das war im Herbst 2015, als bis zu 6.000 Flüchtlinge am Tag nach Österreich wollten. Jetzt sind es weniger Einsatzkräfte, weil viel weniger illegale Grenzgänger kommen. Hauptsächlich geht es uns darum, die Schlepper aus dem Verkehr zu ziehen. Die armen Menschen, die flüchten und ihr letztes Geld für die Schlepper bezahlen, sind ja die Opfer.

Die Katastropheneinsätze werden leider immer mehr. Statistisch gesehen steigt die Jahresregenmenge gar nicht, aber die Niederschläge kommen kleinräumiger und in kürzerer Zeit herunter. 120 Liter in einer Stunde kann kein Boden mehr aufnehmen. Wir schneiden verlegte Bachläufe frei oder sichern abrutschende Hänge. Das Schlimmste, was ich je gesehen habe, war in St. Lorenzen im Paltental. Dort ist eine Schlammlawine durch das ganze Dorf durchgegangen, der Schlamm ist stellenweise bis zu zwei Meter hoch gelegen.

Wir als Bundesheer kommen dann zum Einsatz, wenn es die Feuerwehr nicht mehr alleine schafft. Inzwischen ist das jedes Jahr der Fall. Ein oder zwei Mal im Jahr machen wir auch Katastrophenübungen, um noch besser zu werden. Für die Katastrophenhilfe steht ein Zug Pioniere ständig zur Verfügung. Im Ernstfall sind zuerst Erkunder in zwei Stunden vor Ort. Aufgrund ihrer Einschätzung wird dann entschieden, was vor Ort gebraucht wird. Aber in den Kasernen werden bereits LKW mit den wichtigsten Utensilien gepackt und nach der Entscheidung im Krisengebiet der Rest geladen. Es läuft alles Hand in Hand.

Bei Katastropheneinsätzen ist es übrigens auch ein Teil meiner Aufgabe, meine Leute zu bremsen. Man muss sie oft zurückhalten, damit sie nicht so lange helfen, bis sie zusammenbrechen. Die sind meist so motiviert, dass sie weitermachen wollen, bis alles erledigt ist. Aber wir müssen einsatzfähig bleiben und auch am nächsten Tag noch helfen können.

 

Was waren bisher ihre größten Herausforderungen und wichtigsten Erfolge?

Die größten Herausforderungen sind die eben angesprochenen Katastropheneinsätze, weil da immer Menschen die Leidtragenden sind. Wir hatten Fälle, da haben wir mit unseren Pionieren 16 Brücken in wenigen Tagen gebaut. Das Bundesheer ist gut für solche Einsätze geschult. Manchmal reichen für die Lösung eines Problems zwei Pioniere, zehn geschickte Soldaten und das richtige Werkzeug. Die Soldaten wissen genau, wer für welchen Handgriff verantwortlich ist und wie er angewandt wird. Sandsäcke schlichten kann jeder, aber es kommt auch darauf an, wo und wann das gebraucht wird. Und hier sind Feuerwehr und Bundesheer sehr gut koordiniert. Auch die Bezirkshauptleute und die Bürgermeister sind gut eingespielt. Denn es kommt auf die Koordination an, nur so kann nach einer Katastrophe das Chaos verhindert werden.

 

Wie hat sich die Sicherheitslage generell entwickelt?

Die Sicherheitslage hat sich in ganz Europa verändert. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat gezeigt, wie verletzlich und abhängig wir eigentlich sind. Energie ist massiv teurer geworden, das hat wesentliche Auswirkungen auf das Leben in Österreich gehabt. Jede Krise ist eine gesamtstaatliche Herausforderung. Das Bundesheer alleine kann das nicht meistern. Auch bei der Landesverteidigung müssen alle mithelfen – egal ob auf militärischer, wirtschaftlicher, ziviler oder geistiger Ebene. Wir brauchen alle vier Säulen, um Österreich bestmöglich zu schützen.

 

Heinz Zöllner privat

Heinz Zöllner ist mit Gattin Iris verheiratet und sie haben eine 13-jährige Tochter. „Meine Familie stärkt mir den Rücken. Ich nehme mir auch die Zeit für sie. Bevor ich mich für die Position als Militärkommandant beworben habe, war es meiner Familie und mir bewusst, dass das eine große zeitliche Herausforderung wird. Wir haben mit zwei Abendterminen in der Woche und jedem zweiten Wochenende gerechnet. Geworden sind es dann im ersten Jahr 230 Auswärtstermine und 40 Wochenenden. Heute habe ich eine Regel: Ich nehme nur noch an Veranstaltungen auf Landesebene teil. Dadurch kann ich mittlerweile einhalten, was ich meiner Familie anfangs versprochen habe.“

Der 57 Jahre alte Brigadier und Familienvater ist daheim für das Frühstück zuständig. „Ich stehe ja um 5:30 Uhr auf. Da habe ich dann auch das Bad für mich alleine“, schmunzelt Zöllner. „Dann koche ich mir einen Kaffee, einen Tee für meine Frau und bereite das Frühstück und Jausenbrot für meine Tochter zu.“

Grillen ist jedoch die ganz große Leidenschaft des Offiziers. Er besitzt einen Griller und extra einen Smoker. Jedes Jahr besucht er einen der Grillkurse von Fleischermeister Sepp Mosshammer. „Wir sind in der Nachbarschaft ein paar Grillfetischisten und Mosshammer organisiert immer einen extra Grillkurs nur für uns.“ Das Geld für den Kurs sei gut investiert. „Ich probiere das Gelernte natürlich sofort zuhause aus. Wenn du dann eine Nachspeise vom Apfelkuchen bis zum Pfirsich mit Brie-Käse grillst, schauen alle erst einmal etwas zweifelnd. Und dann schmeckt es ihnen und wollen mehr.“

Vier Gänge für bis zu acht Personen kommen auf den Tisch. Die Arbeit erledige er ganz allein, betont der Brigadier. Seine Frau dürfe beim Grillen maximal Hilfsdienste verrichten, wenn überhaupt. „Ich entspanne mich total bei den Vorbereitungen und beim Grillen selbst. Es wird alles von mir selbst zubereitet, das richtige Fleisch usw. ausgewählt, die Gewürzmischungen, die Grillsaucen bis zum Gemüseschneiden liegt alles in meinen Händen.“ Gegrillt wird zu jeder Jahreszeit. „Zu Weihnachten ist das bei uns mit der ganzen Großfamilie ein Fixpunkt, Steak zu genießen.“

Militärkommandant Brigadier Mag. Heinz Zöllner

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