Seit 2011 ist Christian Purrer als Vorstandssprecher Chef in der Energie Steiermark. Der 68-Jährige ist dafür verantwortlich, dass der Großteil der Steirerinnen und Steirer mit Strom versorgt wird. Purrers Vorstandmandat läuft noch bis 2025. Verlängern will er es nicht – „dann bin ich 70 und es ist Zeit, aufzuhören“, versichert der Manager. Eine Schlagzeile würde er zum Abschied gerne über sich lesen: „Es war und ist eine gute Zeit für die Energie Steiermark gewesen, es gab auch nie Skandale.“
Die Großhandelspreise für Strom sind zuletzt gesunken, die Energie Steiermark hat ihre Tarife ebenfalls verbilligt. Wie schätzen Sie die Entwicklung der nächsten Monate ein?
Wegen des Krieges in Israel sind die Strompreise auf dem Markt leicht gestiegen. Ich schätze, dass diese Krise die Preisentwicklung nicht wesentlich beeinflussen wird, aber weiter nach unten dürfte es nicht gehen.
Wieviel Strom hat die Energie Steiermark im Vorjahr verkauft und wieviel wurde davon selbst erzeugt?
Wir haben ungefähr 6.900 Gigawattstunden – das sind sechs Milliarden Kilowattstunden - verkauft, davon waren rund 200 Gigawattstunden aus Eigenerzeugung. Wir sind stark vom Zukauf abhängig, weil wir die Wasserkraftwerke in die Verbund Hydro Power eingebracht haben.
Lässt sich die Entwicklung des Stromverbrauchs für heuer schon abschätzen?
Ja. Der Stromverbrauch der Haushalte ist um circa sieben Prozent weniger geworden. Grund dafür sind die höheren Tarife – die Menschen sparen. Beim Gas waren es sogar 15 Prozent weniger, was am warmen Winter lag. Auch die Industrie hat den Verbrauch reduziert. Insgesamt werden wir ca.fünf Prozent weniger Absatz haben.
Wofür wird der Strom im Einzelnen eingesetzt?
Für Mobilität, Wärme, Maschinen und Licht. Das sind die Hauptverbraucher. Strom war jahrzehntelang überhaupt kein Thema für die Allgemeinheit. Durch Photovoltaik, die Preise und die Angst um die Versorgungssicherheit ist er jetzt in aller Munde. Die Leute suchen Möglichkeiten, Strom zu sparen, und montieren PV-Anlagen.
Bringen die Solarpaneele aus dem Baumarkt, die man in die Steckdose anschließt, etwas?
Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein. So ein Balkonpaneel hilft vielleicht ein bisschen über Mittag, wird die Stromrechnung aber nicht viel kleiner machen. Dafür braucht es schon ein ganzes Hausdach und einen Speicher. Dann kann man 70 bis 80 Prozent des Strombedarfs abdecken.
Immer mehr Bürger rüsten sich mit Photovoltaik-Anlagen aus. Welche Herausforderungen bringt das für die Energie Steiermark?
Das ist eine riesige Herausforderung für uns. Heuer haben wir drei Mal so viel PV-Anlagen ans Netz gebracht wie 2022. Das bedingt eine komplette Umfigurierung des Netzes.
Immer wieder ist von einem drohenden Blackout die Rede. Wie sicher ist die Stromversorgung der Steiermark?
Sie hängt von der Stromversorgung in ganz Österreich ab. Wenn ein Land gegen einen Blackout abgesichert ist, dann ist das Österreich. Wir haben viel eigene Wasserkraft, wir haben die Pumpspeicher und wir haben ein Krisenmanagement, das Teilbereiche abschalten kann. Das Thema Blackout wird überbewertet, weil ein Geschäft dahintersteckt. Man will ja Notstromaggregate verkaufen...
Sollte es tatsächlich zu einem Blackout kommen, welche Auswirkungen hätte das auf die Menschen?
Das wäre eine Katastrophe. Wenn es zwei bis drei Tage keinen Strom gibt, ist das dramatisch. Es ist die Frage, ob alle Notstromaggregate, etwa in Krankenhäusern, funktionieren. Ohne Strom gibt es kein Licht, keine Kassen, kein Wasser, keine Heizung. Das kann man sich gar nicht vorstellen.
Haben Sie Tipps, wie man sich auf einen Blackout vorbereiten soll?
Man kann sich nicht auf den Stromausfall an sich vorbereiten. Aber es ist sicher vernünftig, Taschenlampen, Batterien, Essen und Trinken auf Vorrat zu haben.
Stichwort Elektromobilität: Sollten E-Fahrzeuge in großem Stil verbreitet sein, reicht dann die verfügbare Strommenge und wie sieht es mit der Verteilungsinfrastruktur aus?
Grundsätzlich ist die E-Mobilität etwas sehr Gescheites. Es ist aber eine Illusion, sämtliche Benzin- und Dieselautos zu ersetzen. Derzeit reichen unsere Erzeugung und die Infrastruktur aus, um bis zu 25 Prozent aller Autos elektrisch betreiben zu können. Für mehr müsste die komplette Verteilungsinfrastruktur umgebaut werden. Für den Schwerverkehr muss es ohnehin andere Techno- logien wie Brennstoffzellen oder E-Fuels geben.
Außerdem geht die Entwicklung zum Teil in die falsche Richtung. Riesige Elektroautos mit unglaublichen PS-Zahlen sind der falsche Weg. Wichtig wäre es, kleine Autos mit kleinen Batterien und kleinen Reichweiten zu bauen. Für die Stadt reicht das völlig.
Die Energie Steiermark errichtet laufend Ladestationen. Wie geht es damit weiter, vor allem im städtischen Bereich und im gesamten Großraum Graz?
Jeder erreicht innerhalb von 15 Kilometer eine Ladestation. Worauf wir uns aber fokussieren müssen, sind die Schnelllader an den Autobahnen und Schnellstraßen.
Das Unternehmen befasst sich nicht nur mit Elektrizität, sondern auch mit Gas und Wärme. Was tut sich in diesen Bereichen?
Beim Gas sind wir stabil und teilweise auf dem Rückzug. Immer mehr Menschen ersetzen ihre Gasheizung durch Wärmepumpen. Fernwärme ist ein Wachstumsmarkt, besonders in Graz. Dort müssen wir die Erzeugung möglichst CO2-neutral machen.
Bei der Ausbildung des Nachwuchses setzt die Energie Steiermark auf das E-Campus. Hat sich dieses Konzept bewährt?
Unbedingt. Wir haben die Zahl der Lehrlinge von 18 auf 25 pro Jahr erhöht. Der Campus hat eine der besten Lehrwerkstätten überhaupt und die jungen Leute haben eine Anstellungsgarantie. Bis jetzt wollten alle bleiben. Insgesamt haben wir mehr als 2.000 Mitarbeiter.
Bekommen Sie genügend talentierte und interessierte junge Menschen, die im Energiesektor arbeiten wollen?
Wir setzen auf Grüne Energie. Das zieht die Jungen an. Sie wollen etwas Sinnvolles machen. Wir suchen allerdings laufend Leute für die IT. Da fehlen uns immer wieder gute Mitarbeiter.
Neben seinem Beruf als Vorstand der Energie Steiermark ist Christian Purrer im Sport engagiert. Er ist Präsident des Allgemeinen Sportverbandes Österreichs und leitet auch die Steiermark-Sektion. „Wir schicken Trainer in die Schulen, bringen die Kinder zum Sport, bilden die Übungsleiter aus und kümmern uns um die Sportstätten. Der ASVÖ betreut 48 Sportarten, wir reden da von 850 Vereinen allein in der Steiermark. Da gibt es die großen, berühmten Vereine wie GAK, Sturm, Hartberg im Fußball oder den Wintersportverein Schladming aber auch die vielen, vielen kleinen.”
„Werner Kogler als zuständiger Minister hat es geschafft, die Sportförderung von 80 auf 120 Millionen Euro zu erhöhen. Dafür bin ich dankbar. In der Pandemie war Bewegung ein Randthema. Das soll jetzt nachgeholt werden.“ Menschlich sei der Politiker schwer in Ordnung. „Er war immer ein Murkraftwerk-Gegner, war aber immer Vermittler zwischen Gegnern und Befürwortern. Ich finde, er ist ein grader Michl.“
Man dürfe nicht vergessen, dass der ASVÖ ehrenamtliche Struktur ist. „Das gilt auch für mich. Ich mag es, wenn die Ehrenamtlichen Vorbild sind und selbst Sport betreiben. Darum gehe ich auf die Berge, fahre Rennrad und mit dem Mountainbike und skate im Winter. Im Durchschnitt komme ich so auf fünf Stunden Sport pro Woche und 100.000 Höhenmeter im Jahr. Meine häufigen Gänge auf den Schöckl sind für mich die wichtigste Entspannung.”
Christian Purrers schönste Erlebnisse hängen mit seiner Tochter Katrin zusammen: „Die Einschulung, der Maturaball, ihre Erfolge im Sport. Heute ist sie auch schon 37“, schmunzelt der Vorstandssprecher.
Was bei Christian Purrer gar nicht geht, sind Intrigen. „Ich verabscheue es, wenn offensichtlich die Unwahrheit gesagt wird, um jemanden anzuschwärzen.“ Lachen hingegen kann er über österreichische Kabarettisten.
Außerdem ist der Vorstand musikalisch. „Ich habe Geige gelernt, kann Gitarre spielen und singen. Da bevorzuge ich Countrymusic, etwa von Johnny Cash.“ Die Gitarre würde er auch auf eine einsame Insel mitnehmen: „Zusammen mit Fahrrad und Handy.“
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