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„Ich bin überzeugt, dass es uns allen besser geht, wenn wir im Sinne unseres Glaubens leben!” Bischof Wilhelm Krautwaschl in einem sehr persönlichen Frühstücksgespräch mit dem Journal Graz.


 

Herr Bischof, wann in Ihrem Leben haben Sie sich dazu entschlossen, Priester zu werden? Gab es einen konkreten Auslöser für den Entschluss?

Das reifte über die Jahre. Ich bin in einer katholischen Familie aufgewachsen, bei uns daheim waren Glaube und Bindung zur Kirche von Bedeutung. Ich war dann Ministrant, stets in der Pfarre aktiv, und das hat auch den Entschluss reifen lassen, Priester zu werden. Dabei wurde ich immer von Priestern meiner Heimat begleitet.

 

Sie gelten allgemein als sehr freundlicher und volksnaher Bischof. Hilft dieses Naturell bei der Amtsführung?

Gegenfrage – können Sie sich einen unfreundlichen Bischof vorstellen? Würde mir nichts an den Menschen liegen, wäre ich wohl fehl am Platz.

 

Können Sie auch einmal böse auf jemand sein?

Ich kann mich schon ärgern. Aber lange böse bin ich - normalerweise - nicht, und nachtragend auch nicht.

 

Was ist schwieriger: Priester in einer Gemeinde oder Bischof zu sein?

Aus meiner Sicht Bischof, denn für eine so große Anzahl von Menschen da zu sein in einer großen Diözese wie der unseren, ist alles andere als einfach. Für Priester ist der Raum vielfach überblickbarer.

 

Sie schreiben auf Ihrer Homepage in der Rubrik „Besondere Sätze“: „Für euch bin ich Bischof, mit euch bin ich Christ.“ Warum ist dieser Spruch für Sie so besonders?

Ich sehe mich nicht als abgesetzt von den Menschen durch mein Amt. Ich bin einer von allen. Ich bin getaufter Christ und daher mit allen Christinnen und Christen unterwegs zum Ziel, das wir Gott nennen. In meinem Amt gilt es aber, dies für die Menschen sichtbar zu machen. Der heilige Augustinus hat geschrieben, dass die wichtigere Berufung im Leben eines Menschen die zum Christsein ist; der Dienst - und das schreckt ihn, wie er schreibt - ist einer für die Menschen.

 

Wie viele Priester gibt es in der Diözese  und wie viele würden gebraucht?

Derzeit sind wir etwa 360 Ordens- und Diözesanpriester – für 380 Pfarren und verschiedene spezielle Seelsorgebereiche. Man sieht, das geht sich nicht aus. Gleichzeitig wird die Zahl der Katholiken kleiner. Deshalb setzen wir auf noch überschaubare Seelsorgeräume, auf größere Einheiten mit mehreren Priestern, die mehrere Pfarren mit unterschiedlichen Verantwortungen gemeinsam begleiten, sodass es überall lebendige Gemeinden geben kann. Immer wieder kommen ausländische Priester zu uns und arbeiten bei uns mit.

 

Was kann die katholische Kirche gegen den Priestermangel tun?

Das mit dem Mangel ist so eine Sache: Der Begriff „Mangel” ist eine Bezugsgröße - es „mangelt”, weil man eine gewisse Größe im Hinterkopf hat, gegenüber der die vorgefundene Situation als Mangel empfunden wird. Weltweit gesehen nehmen Priesterberufungen zu, wenn ich nach Afrika schaue oder Lateinamerika. Da gibt es - wenn bloß die Zahlen betrachtet werden - noch weit größeren „Mangel”, der dort aber gar nicht so sehr als Mangel empfunden wird. Wie das bei uns weitergeht mit der schnell abnehmenden Zahl an Priestern, weiß ich nicht. Wenn der Glaube an sich für weniger Menschen wichtig ist, dann ist naheliegend, dass auch das Priestersein an Attraktivität verliert und auch weniger Menschen diesen Dienst ausüben. Was das allerdings auch an Verlust mitbringt, spüren derzeit so manche. Wir bemühen uns sehr, zum Gelingen der Gesellschaft beizutragen, auf verschiedensten Ebenen, im gemeinsamen Feiern, in der Caritas. Im Gebet und in Taten unterstützen wir Notleidende - auch jetzt in den vielfältigen Herausforderungen unserer Tage. Da ist viel positive Energie, und als Priester kann man in den Gemeinden viel Gutes bewirken. Priester zu sein, ist aus meiner Sicht ein schöner und wichtiger Beruf.

 

Fast 12.000 Katholiken sind in der Steiermark im vergangenen Jahr aus der Katholischen Kirche ausgetreten. Worauf führen Sie das zurück?

Große Institutionen verlieren weltweit an Vertrauen, Glaubwürdigkeit und Relevanz. Gleichzeitig fallen die Menschen zurück auf sich selbst. Oft zählt nur das eigene Befinden. Das Abwägen des Guten und weniger Guten geht verloren, und damit auch die Schattierungen des Lebens - es gibt eben nicht nur „entweder - oder”, nicht nur „schwarz - weiß”. Wir haben einen massiven Austrittsanstieg während der Corona-Zeit erlebt, weil wir Bischöfe eine alte moralische Güterabwägung in Erinnerung gerufen haben, dass nämlich in Krisenzeiten da und dort das Gemeinwohl über das Wohl der einzelnen gestellt werden kann, um daraus eine gereifte persönliche Entscheidung herauszufordern, was aber scheinbar als Verpflichtung, sich impfen zu lassen, verstanden wurde. Die Menschen treten aus der Kirche aus, sie kündigen Zeitungsabos, verlassen Vereine und Parteien. Da bricht in der Gesellschaft viel aus- einander, und ich sehe das mit Sorge.

 

Was sagen sie einem Menschen, der aus der Kirche austreten will?

Uns tut es um jede und jeden leid, die oder der unsere Gemeinschaft verlässt. Ich bin überzeugt, dass es uns allen besser geht, wenn wir im Sinne unseres Glaubens leben. Denn nur im Miteinander können wir vieles in unserer Welt voranbringen. Mit unserem Glauben ist eine gewaltige Hoffnung verbunden. Damit unser Glaubensleben funktionieren kann, brauchen wir die Kirche. Dazu kommt der soziale und kulturelle Wert der Kirche. Viele Ausgetretene sagen, sie glauben an Gott ohne die Kirche. Aber Glauben ist zwar persönlich, aber nicht bloß privat.

 

Wie kann die Katholische Kirche junge Menschen von sich überzeugen?

Wir wollen vor allem davon überzeugen, wie wertvoll gemeinschaftlich gelebter Glauben ist und die Leistungen der Kirche sind. Das ist schwierig. Denn Gott „schreit” nicht und ist daher im vieler alltäglicher Ablenkungen nicht leicht zu hören. Wir bemühen uns um spirituelle Angebote für junge Menschen. Wir machen z.B. Seelsorge auf großen Festivals, was gut ankommt. Und: Mit dem Religionsunterricht sind wir wöchentlich einige Stunden mit fast allen jungen Katholiken in Österreich zusammen. Aber eine universelle Lösung haben wir noch nicht gefunden.

 

Sie werden nächstes Jahr 60. Für einen Bischof ist das noch kein Zeitpunkt, langsam an die Pension zu denken. Wird der Geburtstag trotzdem eine Art Meilenstein für Sie sein?

Aktiver Bischof ist man üblicherweise bis 75, dann reicht man den Rücktritt vom aktiven Dienst ein. Ein runder Geburtstag ist etwas Schönes, man hat ein weiteres Jahrzehnt hoffentlich gut vollendet. Aber einen Meilenstein sehe ich nicht. Es ist noch viel zu tun.

 

Ist der Advent und Heiligen Abend nach wie vor für die Menschen noch eine besondere Zeit, in die Kirche zu gehen?

Tatsächlich gibt es in diesen Wochen Feiern, zu denen nach wie vor viele Menschen kommen. Dazu gehören auch adventliche Feiern wie die Segnung der Kränze, die Roraten, die Feiern am 24. Dezember, der Jahresschluss, Nikolausfeiern, das Sternsingen und vieles andere mehr. Das stimmt uns auch zuversichtlich für die Zukunft.                                                         Foto: Christian Jungwirth

Mag. Dr. Wilhelm Krautwaschl

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